Ob Norbert Prangenberg zeichnet oder aquarelliert - zumeist
widmet er sich in seinen Arbeiten auf Papier gelöst und spontan,
mit überraschenden und höchst delikaten Ergebnissen der Formfindung.
Die Staatliche Kunsthalle Karlsruhe zeigt vom 3. September bis
16. Oktober 2005 rund 90 Bleistiftzeichnungen, Aquarelle und
Gouachen des renommierten Künstlers aus den Jahren 1978 bis
2004 und damit eine Facette seines Schaffens, die bislang noch
wenig beachtet wurde. Prangenberg, 1949 in Rommerskirchen-Nettesheim
geboren und seit 1993 Professor an der Kunstakademie München,
wurde zu Beginn der achtziger Jahre zunächst vor allem mit seinen
großdimensionierten keramischen Skulpturen bekannt. Riesenhafte
Amphoren, gefäßartige Körper, die er häufig als „Figur" bezeichnet,
entstanden damals und bilden bis heute eine durch Variantenreichtum
und Frische frappierende Formkonstante seiner plastischen Arbeit,
neben die zunehmend auch Reliefs traten - eine Art eigene Gattung
zwischen Bild und Objekt. In der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe,
dem Forum Rotunde in der Orangerie, war er schon im Jahr 1999
mit einer Installation aus Keramik-Stäben zu Gast. Außerdem
besitzt die Kunsthalle zwei Gemälde des Künstlers, der auch
als Zeichner 'suggestiv upH subti! Wirk'jng.zu erzielen versteht.
Er
setzt, umkreist, trennt und verbindet mit Hilfe des Strichs
- es entstehen schlanke Ovale und windschiefe Rauten, asymmetrische
Trichterformen, konzentrische Kreise, Dreiecke mit verschieden
weit gespreizten Schenkeln, Ellipsen, Vielecke, deren Begrenzungen
nicht scharf ausfallen, sondern durch sich weich schlangelnde
Linien markiert werden. Formen finden mal stabiler, mal wehender
zueinander, durchdringen sich, kommunizieren, scheinen wie auf
andere appliziert, werden einander einbeschrieben, stoßen sich
im Undefinierten Raum des Blattes. Ganz offenkundig fordern
sie sich gegenseitig, ist eine integrierende Kreisform die Antwort
auf abweisende Geraden, wird eine scharfe Zuspitzung hier mit
einer organischen Amphorenform dort konterkariert. Über die
Differenzierung von Strichstärken und Intensitäten erzeugt Norbert
Prangenberg in seinen Zeichnungen für diesen imaginären Raum
in verschiedenen Arbeiten wechselnde Tiefen.
Prangenberg
mischt die Techniken, zeichnet auch mit Tusche - die der linearen
Geste die Anmutung des Kalligraphischen gibt - und Kohle, die
er seltener, verstärkend einsetzt. Es entstehen Anfang der achtziger
Jahre nachtschwarze Blätter, aus denen der Papierton oder sparsam
gestreute Farbfelder und -punkte kostbar und klar hervorleuchten.
In den Arbeiten, in denen Prangenberg zur Bleistiftzeichnung
Aquarellfarbe treten lässt - wässrig im Fluss oder mit trockener
Zielstrebigkeit -, sei iaffi öder akzentuiert diese Atmosphären.
Sie temperiert die Werke und kann die Zeichnung näher oder weiter
weg vom Assoziierbaren rücken -näher ans Natürliche, Gewachsene,
Fließende, Schwimmende, einen Schädel oder den Sternenhimmel.
Ganz offenkundig arbeitet Prangenberg nicht entlang an etwas,
das außerhalb seiner eigenen Kunst liegt, sondern sein Formvokabular
kreist in sich. Dessen Zentrum bildet eine Geometrie, die nicht
streng, nie berechnet ist, sondern fintenreich Freude an sich
selbst findet - auch in Anspielung auf ihr dekoratives Potenzial.
Prangenberg
formuliert sein Interesse selbst so: „Mir geht es dabei um ein
grundlegendes Vokabular. Wahrscheinlich ist wichtig, dass die
Sachen einfach und komplex sind. Es ist nicht so, dass das Komplexe
durch eine komplizierte Form ausgedrückt wird, sondern das Komplexe
ist vielleicht viel besser durch eine einfache Form auszudrücken.
In der Einfachheit und Reduzierung ist für mich eine größere
Vielfalt enthalten als in einer nach außen hin vielgestaltigen,
komplizierten Form."
Die
Ausstellung wurde in Kooperation mit der kaiser Wilhelm Museum
in Krefeld vorbereitet, wo sie vom 23. Oktober 2004 bis 23.
Januar 2005 zu sehen war.
Ein Katalog (deutsch/ englisch) mit Texten von Walter Grasskamp
und Ralf Christofori ist erschienen (25,- €).
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