Wertvoller
Lebensraum für viele seltene Tier- und Pflanzenarten
Nach
zehnjährigem Verfahren jetzt besserer und dauerhafter Schutz
- Kompromiss über das traditionelle Hohentwielfest gefunden
Der
Freiburger Regierungspräsident Dr. Sven von Ungern-Sternberg
hat heute gemeinsam mit dem Freiburger Forstpräsidenten
Meinrad Joos den Hohentwiel bei Singen umfassend unter Naturschutz
gestellt. Es handelt sich um ein großflächiges Natur- und
Landschaftsschutzgebiet. Ein Teil davon ist zugleich als
Bannwald ausgewiesen. Über 10 Jahre hat es gedauert, bis
jetzt die beiden Präsidenten vor Ort die gemeinsame Verordnung
unterzeichnen konnten. Das strenger geschützte Naturschutzgebiet
umfasst etwa 140 ha. Die Burgruine und die Staatsdomäne
sowie Grünlandflächen am Fuß des Hohentwiels bilden ein
rund 60 ha großes Landschaftsschutzgebiet. Ergänzt wird
beides durch einen rund 20 ha großen Bannwald. Insgesamt
steht damit der ganze "Hontes", wie der Hohentwiel bei den
Einheimischen genannt wird, mit über 200 ha unter besonderem
Naturschutz. Bereits 1941 wurde der Hohentwiel - damals
noch württembergische Exklave - mit Ausnahme der Burgruine
und des Domänenhofs auf halber Höhe zu einem rund 108 ha
umfassenden Naturschutzgebiet erklärt. Die jetzt über 60
Jahre alte Verordnung war nicht mehr zeitgemäß und musste
dem heutigen Stand des Naturschutzes angepasst werden.
Ein längerer Konfliktpunkt war das Hohentwielfest. Viele
Naturschützer kritisierten Zeitpunkt und Umfang dieses Festes
und wiesen insbesondere auf die Störungen der Brutvögel
hin. Nach mehreren Gesprächen mit der Stadt Singen wurde
im November 2003 ein öffentlich-rechtlicher Vertrag geschlossen.
Darin sind die Rahmenbedingungen für das traditionelle Hohentwielfest
geregelt. Vor allem konnte jetzt Konsens über Zeitpunkt
und Umfang dieses traditionellen Festes erzielt werden.
Schutzzweck des Naturschutzgebietes ist u.a. die Erhaltung
des Gebiets als ungewöhnlich vielfältiger Naturraum. Außerdem
werden bestimmte Arten und Lebensräume des europäischen
Schutzgebietsnetzes "NATURA 2000" geschützt, insbesondere
Kalkmagerrasen, Schutthalden und wärmeliebende Gebüsche,
weiterhin Schlucht- und Hangmischwälder, natürliche und
naturnahe Felsformationen und ihre Felsspaltenvegetation
sowie Arten der europäischen Vogelschutzrichtlinie. Der
Hohentwiel ist ein geomorphologisch einzigartiger vulkanischer
Kegelberg des Hegaus mit landschaftsbestimmender Wirkung.
Er gilt als ein ökologisch hochwertiges komplexes Schutzgebiet,
das aus Ruine, Felsen, Offenlandbereichen und Wäldern besteht.
Die Besucher des "Hontes" werden durch ein umfangreiches
Konzept über die Besonderheiten informiert. Ein Faltblatt,
eine Broschüre und eine CD-Rom geben detaillierte Informationen
zum Berg und zum vor kurzem eröffneten "Vulkanpfad Hohentwiel".
Die neuen Informationstafeln ermöglichen dem Besucher einen
Überblick über das Schutzgebiet an den wichtigsten Zugängen.
Ergänzt wird dies durch eine bessere Besucherlenkung. Damit
wird das Ziel verfolgt, den Hohentwiel möglichst vielen
interessierten Besuchern näher zu bringen. Gleichzeitig
sollen aber auch genügend Rückzugsgebiete für eine Vielzahl
vom Aussterben bedrohter Tier- und Pflanzenarten geschaffen
und gesichert werden. Forstpräsident Meinrad Joos hob die
besondere Bedeutung des Bannwaldes Hohentwiel hervor. Bei
dem bereits 1923 ausgewiesenen Bannwald handelt es sich
um das zweitälteste Waldschutzgebiet in Baden-Württemberg,
dem im Rahmen der Wald-Schutzgebiets-Konzeption der Landesforstverwaltung
ein herausragender Stellenwert zukommt. Seit mehr als 80
Jahren wird hier in einem waldökologisch interessanten Laubwaldgebiet
sog. "Prozessschutz" - das bedeutet weitestgehend unbeeinflusste
Entwicklung - betrieben, der in einer Reihe wissenschaftlicher
Veröffentlichungen gewürdigt wurde. Für die fachliche Betreuung
des Bannwaldes ist die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt
Freiburg zuständig. Joos: "Ich begrüße es sehr, dass mit
der neuen Verordnung ein Ausgleich zwischen den Belangen
des Natur- und Artenschutzes und der waldökologischen Forschung
gefunden werden konnte." Regierungspräsident Dr. Sven von
Ungern-Sternberg sagte bei der Unterzeichnung der Verordnung:
"Ich freue mich über den guten Abschluss nach langem Verfahren
und besonders über den Kompromiss, der mit der Stadt Singen
über das traditionelle Hohentwielfest erzielt wurde." Der
Regierungspräsident wies auch auf die gute Kooperation mit
dem Forst, der Liegenschaft und den verschiedenen Verbänden
hin, die gemeinsam mit der Stadt Singen den Schutz des Hohentwiels
mittragen. "Ich bin überzeugt, dass hier ein beispielhafter
Kompromiss gelungen ist, nämlich erstens den Hohentwiel
als einen der schönsten Hegauberge dauerhaft zu schützen
und zweitens den Hohentwiel auch künftig als Kulturgut zu
nutzen", so von Ungern-Sternberg.
29.3.2004
Regierungspräsidium Freiburg
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