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18.10.21

Schloss Bruchsal

November 1806: Amalie von Baden bezieht Schloss Bruchsal als Witwensitz

(ssg) Im November 1806, vor 215 Jahren, zog Markgräfin Amalie von Baden in ihr neues Zuhause: Schloss Bruchsal. Die einstige Residenz der Fürstbischöfe von Speyer war als ihr Witwensitz vorgesehen ‒ bis zu ihrem Tod lebte die verwitwete Erbprinzessin hier rund 25 Jahre.

Schloss Bruchsal, Bett im Schlafzimmer der Markgräfin Amalie von Baden. Foto: kulturer.beBaden. Foto: kulturer.beBruchsal: Amalienbrunnen vor dem Amtsgericht, Schnecken am Beckenrand. Foto: kulturer.beSchloss Bruchsal, Bett im Schlafzimmer der Markgräfin Amalie von Baden.

Amalienbrunnen vor dem Amtsgericht, Porträtmedaillon der Markgräfin Amalie.

Amalienbrunnen vor dem Amtsgericht, Schnecken am Beckenrand.

Alle Fotos: kulturer.be

Hochzeit ohne den Segen der Mutter

1774 heiratete Markgräfin Amalie von Baden den Erbprinzen Karl Ludwig von Baden. Nach dem Tod ihrer Schwiegermutter 1783 wurde sie zur ersten Dame am Hof. Amalie war sehr ehrgeizig und standesbewusst: Auch ihre Töchter verheiratete sie an einflussreiche Fürstenhöfe. Nach dem Tod ihres Mannes 1801 wurde sie zur Witwe. Fünf Jahre später, Anfang November 1806, bezog sie Schloss Bruchsal als Witwensitz; am badischen Hof hielt sie es nicht länger aus: Im April 1806 hatte ihr Sohn, Großherzog Karl Ludwig Friedrich die Französin Stéphanie de Beauharnais in Paris geheiratet – gegen den Willen und zum Leidwesen seiner Mutter: Die Witwe des ewigen Erbprinzen Karl Ludwig war entschiedene Gegnerin Napoleons. Mit der Hochzeit ihres Sohnes wurde Bonaparte jedoch ein Teil ihrer Familie: Stéphanie de Beauharnais war die Adoptivtochter des französischen Kaisers. Dieser sicherte durch eine geschickte Heiratspolitik seine militärischen Erfolge politisch ab. Das Tagebuch der Karoline von Freystedt, eine Hofdame Amalies von Baden, gewährt Einblicke in das gemeinsame Leben am badischen Hof.

Eine arrogante Persönlichkeit

Amalies Schwiegertochter Stéphanie entpuppte sich – so zumindest die Darstellung der Hofdame von Freystedt – als äußerst arrogant. „Der jungen Fürstin hatte man gesagt, sie sei Kaiserstochter und erzeige ihrem Gemahl viel Ehre, indem sie ihn heirate. Sie glaubte dies ohne Mühe und benahm sich in diesem Sinn.“ Mit ihrer Art eckte die junge Französin an: „Die Tagesordnung wurde auf französische Art eingeteilt, ohne Rücksicht auf die so lang vorher bestandenen Gewohnheiten. Die Markgräfin, ja selbst der alte Kurfürst …, mußten sich nach den Stunden, welche der jungen Fürstin genehm waren, richten. Eines Tags war der ganze Hof zur Tafel versammelt, da sah man Prinzeß Stephanie ausfahren gegen Ettlingen zu, wo sie ausstieg und nach Gefallen spazieren ging, bis es ihr beliebte, die wartende Familie durch ihre Rückkehr zum Mittagessen gelangen zu lassen.“ Bald lief das Fass über: „Solche Dinge kamen öfters vor, bis Anfangs November die Markgräfin das Schloß räumte, um ihren Witwensitz in Bruchsal zu beziehen. Diese Veränderung war schmerzlich für sie und ihre Umgebung. Sie war berufen, einst die Erste zu sein, und mußte einer Schwiegertochter weichen, welche nicht von ihrer Wahl war.“

Möbelkunst des Empire in Bruchsal

In den Räumen des Nördlichen Staatsappartements und den angrenzenden Privaträumen fand Markgräfin Amalie von Baden ab 1806 ihr neues Zuhause, das sie modern einrichten ließ. Die Wände ließ sie mit edlen Seidenstoffen bespannen; die vorhandene Ausstattung ergänzte sie durch Möbelstücke im Stil des Empire aus ihrem Besitz: geradlinige und feierlich wirkende Möbel aus edlen Hölzern, verziert mit antikisierenden Stilelementen. Im Erdgeschoss gestaltete man einige Räume für sie um: Den nördlich des Gartensaals gelegenen Raum nutzten sie, die gläubige Protestantin, und ihr Hofstaat, anfangs für den Gottesdienst. Nach dem Tod des letzten Fürstbischofs wurde die Hofkirche ab 1811 für katholische und evangelische Gottesdienste gemeinsam genutzt. Aus der Kapelle im Erdgeschoss wurde ein Speisezimmer für Amalie.

Ein ruhiges Leben

Im Tagebuch der Karoline von Freystedt erfährt man mehr über das stille Leben der Markgräfin in Schloss Bruchsal. Die Hofdame notierte, welche Gäste Amalie von Baden in ihren Räumen empfing. Das tägliche Leben im Schloss war vergleichsweise unspektakulär. Die Hofgesellschaft war überschaubar, ja klein. Interessant wurde es nur dann, wenn hochrangige Gäste nach Bruchsal kamen; in der restlichen Zeit ging es ruhig zu. Über den Besuch des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III. ist zu lesen: „Bruchsal konnte auch ihm außer dem Gespräch der Fürstinnen … keine andere Unterhaltung bieten als einen Spaziergang im Garten, in welchem türkische Musik spielte.“ Spaziergänge durch den Park waren schon damals ein einfache wie wohltuende Ablenkung vom Alltag am Hof.

Der markgräfliche Brunnen

Mit dem Tod der Markgräfin Amalie von Baden im Jahr 1832 endete die dauerhafte Nutzung des Schlosses als fürstlicher Wohnsitz. Zu ihrer Erinnerung entwarf Fritz Hirsch den Amalienbrunnen, der 1912 vor dem Kanzleibau aufgestellt wurde. Die zentrale Säule trägt ein bronzenes Medaillon mit ihrem Bildnis. Außerdem kann man hier die Wappen des Großherzogtums Baden und von Amalies Heimat Hessen-Darmstadt entdecken sowie die der europäischen Fürstenhäuser, mit denen die Markgräfin ihre Töchter vermählte. Die Medaillons und die Schnecken auf den Beckenrändern wurden von dem Bildhauer Heinrich Ehehalt (1879–1938) geschaffen. Die Bronzeschnecken auf dem Beckenrand machten den Brunnen populär.

Schloss Bruchsal
Di‒So, Feiertag 10:00‒17:00 Uhr

Der Schlossgarten ist tagsüber frei zugänglich.

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