7.7.21

Staatliche Schlösser und Gärten BW

Mit High-Tech sanft gegen Schädlinge: Restauratoren setzen Mikrowellen ein

(ssg) Holzwurm-Alarm in der Rastatter Einsiedeln-Kapelle: Die Kirchenbänke aus der Erbauungszeit weisen aktuell Schädlingsbefall auf. Die Restauratoren der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg setzen jetzt avancierte Mikrowellen-Technologie ein, um den Befall ohne Gift und Schädigung der Substanz zu beseitigen. Die Einsiedeln-Kapelle gehört zum Kranz der barocken Bauten, die unter Markgräfin Sibylla Augusta am Beginn des 18. Jahrhunderts in ihrer Residenz Rastatt entstanden.

Einsiedelnkapelle Rastatt. Foto: Arnim Weischer /LMZ/SSGRestauratoren in der Einsiedelnkapelle an der Arbeit mit Mikrowellentechnik. Foto: Thomas Merkl/SSGEinsiedelnkapelle Rastatt. Foto: Arnim Weischer /LMZ/SSG

Restauratoren in der Einsiedelnkapelle an der Arbeit mit Mikrowellentechnik. Foto: Thomas Merkl/SSG

Anobium punctatum – oder gemeinhin Holzwurm

Die Kirchenbänke in der Einsiedeln-Kapelle stammen aus der Zeit der Erbauung: vom Beginn des 18. Jahrhunderts. Die barocken Bänke aus drei Jahrhunderte altem Holz sind allerdings gefährdet. Das stellten die Restauratoren der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg, die mit der laufenden Überwachung der Ausstattungen in den Monumenten befasst sind, fest. Die Kirchenbänke zeigten die typischen Symptome des Befalls durch „Anobium punctatum“.

Mikrowelle als Technik der Wahl

Der Holzschädling ist ein Käfer, dessen Larven sich durchs Holz fressen. Der Käfer legt seine Eier in Ritzen und Spalten. Die Larven fressen sich durchs Holz, verpuppen sich und fliegen als fertige Käfer davon. Was man am befallenen Holz sieht, sind die Ausflugslöcher der Käfer – die bekannten Holzwurmlöcher. Behandelt werden die befallenen Kirchenbänke nun mit speziellen Mikrowellen-Geräten. „Das Gerät sieht absolut nicht aus wie die vertraute Mikrowelle in der Küche“, erklärt Thomas Merkl, der zuständige Restaurator bei den Staatlichen Schlössern und Gärten Baden-Württemberg: Die Mikrowellen-Geräte sind große Hörner, die an den befallenen Kirchenbänken aufgestellt werden und dann auf das Holz einwirken. „Die Bereiche werden partiell erwärmt, so dass das tierische Eiweiß zerstört wird“, sagt Möbelrestaurator Thomas Merkl.

Unaufwändige Technik als Mittel der Wahl

Gibt es Alternativen zur Mikrowellen-Technik? „Eine Alternative wäre, das gesamte barocke Gestühl auszubauen, ins Depot der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg zu transportieren und dort Bank für Bank in der Wärmekammer zu behandeln“, erläutert Thomas Merkl. Ausbau und Transport seien aber denkmalpflegerisch problematisch, so der Fachmann. Eine weitere und bei weitem aufwändigere Alternative wäre es, die gesamte Kirche einzuhausen, abzudichten und mit Stickstoff zu behandeln. „Die Wärmebehandlung mit der technischen Mikrowelle ist da viel unaufwändiger“, fasst Merkl zusammen.

Bewährte und erprobte Methode

Voraussichtlich sechs Arbeitstage werden die Fachleute brauchen, um alle barocken Bänke in der Einsiedeln-Kapelle zu behandeln. Mit der beauftragten Spezialfirma –MTB Mikrowellen Technik Bauwerkserhaltung Holzschutz und ihrem Leiter André Matzke aus Greiz– arbeiten die Staatlichen Schlösser und Gärten schon seit einigen Jahren zusammen: Sie haben beispielsweise die Kirchenbank im Kloster Alpirsbach behandelt. Das außergewöhnliche Stück stammt aus dem 12. Jahrhundert ist eine ganz besondere Kostbarkeit und gehört zur romanischen Ausstattung der Alpirsbacher Klosterkirche.

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