20.10.21

Schloss und Schlossgarten Schwetzingen

Guibal-Figuren kehren an ihren Ursprungsort zurück: als 3-D-Scan und als Ausstellungs-Leihgabe

(ssg) Die Figuren im Arionbrunnen des Schlossgartens stammen von dem Bildhauer Barthélemy Guibal und wurden für den Schlossgarten in Lunéville geschaffen. 1766 erwarb Kurfürst Carl Theodor die Skulpturen und ließ sie nach Schwetzingen bringen. Nun sollen die fünf Figuren – neben dem Sänger Arion die vier ihn begleitenden Putten – als Nachbildungen an ihren ursprünglichen Standort zurückkehren: Heute wurden die 3-D-Scans erstellt, die die Vorlage zu deren Kopie bilden. Fünf weitere Skulpturen Guibals aus dem Schlossgarten kehren als Leihgabe nach Lunéville zurück: Noch bis zum 9. Januar 2022 werden die Bleifiguren als Schwerpunkt der Ausstellung „La Sculpture en son Château“ in Schloss Lunéville zu sehen sein.

Schwetzingen: Originalfigur des Arion im Zirkelsaal Schlossgarten Schwetzingen: 3 D-Scan der Figur des Arion. FotoSchlossgarten Schwetzingen: 3 D-Scan der Figur des Arion. FotoSchlossgarten Schwetzingen: 3 D-Scan der Figur des Arion. FotoSchlossgarten Schwetzingen: Originalskulptur des Arion im Zirkelsaal des Schlosses, darunter Arbeiten am 3 D-Scan der Figur. Foto: kulturer.be

Modernste Technik für historische Kunstwerke

Heute konnten die Staatlichen Schlösser und Gärten die französische Firma DigiScan3D im Schlossgarten begrüßen. Die Zuschauerinnen und Zuschauer beobachteten die Mitarbeiter dabei, wie sie professionelle 3-D-Scans der fünf Brunnenfiguren im Zentrum des Kreisparterres anfertigten. Die Figuren, geschaffen von Barthélemy Guibal, sollen als Nachbildungen an ihren ursprünglichen Standort in den Lunéviller Schlossgarten zurückkehren. Die 3-D-Scans der Skulpturen – neben dem Sänger Arion die vier ihn begleitenden Putten – bilden die Grundlage dafür. Bei den Putten handelt es sich um Darstellungen von Kindergestalten gemeinsam mit verschiedenen Tieren – typisch für die barocke Kunst. Das Thema des zentralen Brunnens entstammt der griechischen Mythologie: Der in Seenot geratene Arion wird von einem Delphin, gesandt vom Gott Apollon, gerettet und sicher zurück an die Küste getragen.

Figuren auf Reisen

Die Kunstwerke des Bildhauers Barthélemy Guibal wurden im Auftrag von Stanislas Leszczyński für den Schlossgarten in Lunéville geschaffen. 1766 erwarb Kurfürst Carl Theodor die Skulpturen und ließ sie von Lothringen nach Schwetzingen bringen. Nun sind fünf Bleifiguren aus dem Schlossgarten Schwetzingen als Originale an ihren ursprünglichen Standort zurückgekehrt: das Wildschwein aus der Grotte vor dem Badhaus, einen Putto mit einem „Hippocamp“ (Fabelwesen, vorne ein Pferd, hinten ein Fisch), zwei Putti mit Schwänen und einen modernen „Fantasievogel“ aus dem Reigen der Wasserspeienden Vögel. Sie stehen normalerweise gut geschützt im Lapidarium – im Garten sind aus konservatorischen Gründen Kopien aus Bronze aufgestellt. Nun sind sie auf Reisen gegangen: Noch bis zum 9. Januar 2022 werden die Bleifiguren als Schwerpunkt der Ausstellung „La Sculpture en son Château. Variations sur un art majeur“ („Skulptur in seinem Schloss. Variationen über eine große Kunst ") im Schloss Lunéville zu sehen sein.

Der Tierwelt entstammen viele von Guibals Skulpturen, darunter eine sehr eindrucksvolle am Badhaus: Sie zeigt ein von Jagdhunden verfolgtes Wildschwein. Dieses Werk wurde zusammen mit den vier anderen Anfang September von einer Kunstspedition vorsichtig verpackt und auf den Transport nach Lunéville vorbereitet. Ihr Platz im Schlossgarten ist in der Zwischenzeit jedoch nicht verwaist, Nachbildungen füllen die entstandenen Lücken.

Grosse Ausstellung zur Bildhauerkunst im Schloss Lunéville

In Lunéville, zurückgekehrt an ihren ursprünglichen Standort, bilden die Figuren nun den Mittelpunkt der Ausstellung über lothringische Bildhauerkunst im 18. Jahrhundert. Damals vereinten sich in Lunéville Einflüsse unterschiedlichster Kunstformen – für ein glanzvolles Leben am lothringischen Hof. Die Ausstellung versetzt Besucherinnen und Besucher in diese Zeit zurück, indem die einstige Atmosphäre durch originale Kunstwerke wieder zum Leben erweckt wird.

Das „Lothringische Versailles"

Barthélemy Guibal wurde 1699 in Südfrankreich geboren. Nach einer Ausbildung zum Bildhauer in Paris begleitete er 1720 seinen Lehrer nach Nancy, der Hauptstadt des Herzogtums Lothringen. Dort standen sie in Diensten Herzog Leopolds, einem ausgesprochenen Liebhaber und Förderer der Künste. Für das erst wenige Jahre zuvor erbaute Schloss Lunéville verfolgte Herzog Leopold ambitionierte Pläne: Es sollte zu einem lothringischen Versailles werden. Für das Ausschmücken der zahlreichen Räume und des Schlossgartens war er auf meisterhafte Künstler angewiesen. Offenbar fand er großen Gefallen an Guibals Arbeiten: 1724 ernannte ihn der Herzog zu seinem Ersten Bildhauer.

Kunst als Visitenkarte

Herzog Leopolds Sohn, inzwischen als Franz III. der Regent Lothringens, musste sein Land 1735 gegen das Großherzogtum Toskana tauschen. Lothringen wurde Stanislaus I. Leszczynski, dem Schwiegervater des französischen Königs, übertragen. Auch er zog in Schloss Lunéville ein und nutzte es als seine Residenz. Barthélemy Guibal wurde in seiner Stellung als Erster Bildhauer bestätigt. Der neue Herrscher war politisch eng an Frankreich gebunden und nutzte seinen Reichtum daher vor Allem für üppige Prachtentfaltung am Hof in Lunéville. Den Schlosspark ließ er komplett neugestalten, Skulpturen aus der Hand von Guibal wurden ein zentraler Teil des Ensembles. Bald war der Park auch über die Grenzen Lothringens hinaus für seine eleganten Kunstwerke bekannt.

Umzug in die Kurpfalz

Nach dem Tod Stanislaus I. Leszczyńskis 1766 fiel das Herzogtum Lothringen endgültig in die Hände des französischen Königs. An den vielen kostbaren Kunstwerken, welche um das Schloss Lunéville verstreut waren, hatte dieser offenbar kein Interesse. In dieser Situation witterte Kurfürst Carl Theodor von der Pfalz seine Chance: Er erwarb Guibals Bleifiguren und ließ sie nach Schwetzingen bringen. Das dortige Schloss diente ihm als Sommerresidenz und ist bis heute von einer ausgedehnten, ebenfalls im 18. Jahrhundert entstandenen Gartenanlage umgeben. Diese ist in verschiedene Bereiche unterteilt, welche je nach Thema ganz unterschiedlich gestaltet sind. Bei einem Spaziergang sind Guibals eindrucksvolle Figuren dort nach wie vor zu entdecken.



Öffnungszeiten Schlossgarten
Bis 30. Oktober täglich 8 bis 21 Uhr, letzter Einlass 19.30 Uh

31. Oktober bis 26. März täglich 9 bis 17 Uhr, letzter Einlass 16.30 Uhr

7,00 €, Ermäßigte 3,50 €, Familien 17,50 €

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